Zollrecht – Finanzstrafe und Wissen um die Mitgliedsstaaten der EU
Vor etlicher Zeit konnte eine österreichische EU-Spitzenkandidatin im Fernsehen nicht beantworten, ob Norwegen Teil der Europäischen Union ist. Das kann man mit einem lächelnden Auge als Fauxpas hinnehmen. Man kann das aber mit dem weinenden Auge auch als Folge der aktuell schwachen sowie flachen Politik und ihrer Akteure sehen.
Den im Zollrecht erfahrenen Menschen tut es natürlich weh, wenn akkurat solchen Politikerinnen und Politikern, die künftig im Gefüge der Europäischen Union agieren wollen, solches Grundwissen über diese so wichtige Union fehlt. Aber Hand aufs Herz, wer hat nicht schon einmal kurz nachdenken müssen, ob ein Land oder eine Region zum „Zollgebiet der Europäischen Union“ gehört?
Erst unlängst hatte ich genau dieses Thema in einem Finanzstrafverfahren darzustellen. Eine Beschuldigte aus der Slowakei reiste an einem Sonntag mit ihren in der Schweiz gekauften Waren über eine unbesetzte Zollstelle in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Die Beschuldigte gab an, dass ihr nicht bekannt gewesen sei, dass die Schweiz kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union ist. Dementsprechend habe sie nicht realisiert, dass sie die Waren zu verzollen gehabt hätte.
Das Bundesfinanzgericht qualifizierte diese Rechtfertigung als Schutzbehauptung und meinte: „Bei allem Respekt, aber wer eine hohe Verwaltungstätigkeit ausübt, von dem kann man auch erwarten, dass er sich in grundsätzlichen EU-Fragen auskennt. Dass es sich bei der Schweiz um einen unabhängigen Staat außerhalb der Europäischen Union handelt, der weder Mitgliedsstaat der Europäischen Union noch Teil des Zollgebietes der Europäischen Union ist, ist Allgemeinwissen, das man von einer Person […] fordern kann.“ Die Beschuldigte wurde wegen Verzollungsumgehung verurteilt. Aufgrund von etlichen ungelösten Rechtsfragen wurde in diesem Fall Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.
Der Fall zeigt, dass es auch wichtig ist, sich mit vermeintlich einfachen Themen wie dem „Zollgebiet der Europäischen Union“ zu beschäftigten. Gerade wenn es um kleinere Regionen und etwa Exklaven geht, können auch Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem „Zollgebiet der Europäischen Union“ herausfordernd sein!
Außerdem: Bitte achten Sie immer darauf, mit nicht anmeldebefreiten Waren keine unbesetzten Zollstellen zu passieren!
Weitere Informationen:
Entscheidung des Bundesfinanzgerichts
Zollgebiet der Europäischen Union
Artikel im Standard über Norwegen und den Euro
Artikel in den Salzburger Nachrichten über den norwegischen Euro
Buchempfehlung: Einführung in das Zollschuldentstehungsrecht